Jahresende in schwierigen Zeiten

Von Gabriele Irmen

Leben wir in schwierigen Zeiten?
Ist dieses tatsächlich so?
War’s nach dem Kriege nicht schlimmer,
jammern wir auf hohem Niveau?

Aktuell fehlt mir der Sinn für Lieder und Kerzen,
für Weihnachtsgeläut, für Nüsse und Herzen.
Gehe ich raus, sind die Straßen leer.
Bedrückt ist die Stimmung, grau rauscht das Meer.

Gehe ich raus, fühle ich mich einsam.
Die schweigende Stadt was Bedrückendes hat,
vorbei die Zeit für’s Gefühl „Gemeinsam“…
Gemeinsamkeit gekürzt vom Autokrat.

Zu unserer Sicherheit wird suggeriert…
sicher bin ich trotz Vorsicht nie.
Mein Verstand die Grenzen toleriert,
mein Herz singt eine andere Melodie.
Ich leb’ vereinsamt im Vakuum…
Ist das ein Pilzgewächs in meiner Galaxie?

In mir nagen so viele Zweifel ob dieser Krankheitskrake,
ein Werk des Teufels auf einer Landebake
in unsere bisher gemütliche Welt.
Das Wohlbefinden wurde monströs geprellt.

Eltern, Kinder und auch Enkel
suggerierten uns im Vorgeplänkel
Vorfreude, die wir hegten,
Emotionen in uns schwelgten.

Der Herzschlag sorgt für schnellen Puls,
was koch ich bloß für den Besuch?
Was mit Tier und was mit Pelz?
Was mit Grünzeug erntet Freudenruf?

Tote Frau rührt mich zu Tränen –
ist gestorben durch die Seuche.
Menschheitsgeißel mit Fangzähnen
sorgt für unheilbares Gekeuche.

Globus umfassendes herzzerreißendes Weinen
lässt uns keinen Freiraum mehr.
Kann bald Hoffnung aufkeimen?
In der Natur gibt’s kein Fair.

Schwer wie Blei sind unsere geplagten Herzen,
was können wir bloß tun?
Wir dürfen jedenfalls nicht ruh’n…
vorsichtig leben, den Tod verschmerzen.

Darum lebe ich mein Leben.
Freu’ mich auf den nächsten Tag!
Wer weiß schon auf dieser Erde,
was das Morgen bringen mag.

Lass mir nicht die Freude nehmen,
Chaos um mich rum zu streun,
wem’s nicht passt, der sollte gehen.
In mir ist nichts, was zu bereun.

Lasst mir auf dem Dach die Tauben,
die gefüttert werden wollen.
Lasst mir den angeborenen Glauben,
dass mir bald die Lieben Beifall zollen.

Du selbst bist eine bunte Taube,
mit Augen rollend, nach Futter schreiend, grollend,
Zeit und Bewunderung heischend, schmollend.
Bleibe liebenswert, damit ich nicht schnaube.

Es ist nun Zeit, dem alten Jahr adieu zu sagen
und zu durchdenken, wie es wirklich war,
Man zieht Bilanz, stellt heimlich Fragen
und nimmt die Antwort mit ins neue Jahr.

Gewiss, im letzten Jahr lag vieles quer,
dem einen ging’s beruflich doppelt schwer,
der and’re hat privat ein Missgeschick verbucht,
der dritte hat sich falsche Freunde ausgesucht.

Doch wär’s verkehrt, das Schlechte nur zu sehen.
Auch Gutes blieb in hellen Farben stehen,
wenn im Erinnern bald das Bittere verblasst,
Und nicht das Schöne, das du mitbekommen hast.

Ein Prost dem Jahr, das vor der Türe steht,
in dem – wir hoffen’s – in Erfüllung geht,
was wir an wahren Wünschen hegen
und nun in die Gedanken legen:

Schreib in dein Herz all deine Lieben
von Nord und Süd, von Ost und West.
Denn, was dir in dein Herz geschrieben,
das steht für alle Zeiten fest.

Schreib es nieder auch zum Lesen
für die Familie, wenn du gewesen.

Unzählige Sterne leuchten am Firmament.
Das neue Jahr sei vom besten Stern gelenkt.

4 Antworten auf „Jahresende in schwierigen Zeiten“

  1. Ich hatte jetzt einmal die Muße das Gedicht ordentlich zu lesen. Es ist bei weitem nicht so regelwidrig oder unregelmäßig, wie mir deine Bekundung im Gruppenchat suggerierte. Erst in Knitteln verfasst, dann in metrisch engeres Netz geschnürt und auch der Reim formt gehörig mit. Die Gedanken ziehen mit der Form (oder ihr voraus?) erst wilder und drängender, dann reflektierte. alles in allem dennoch in schlichter, beinahe sachlicher Sprache.
    Gerade zu jener Sachlichkeit brechen ein paar Kleinigkeiten schmuck heraus: kleine Ungereimtheiten gegen den sonst so prosanahen Satzbau.

    Etwas irritiert hat mich der Autokrat. zum einen: Autokraten, oder? Bewusst die Endung verschliffen? Zum anderen Frage ich mich, wer damit gemeint ist. Lässt eine soziale Verortung des lyrischen Ichs andeuten: Entweder das Ich lebt in einer Autokratie oder es empfindet sich zumindest in einer. Eine sehr viel geteilte Erfahrung und medial vertausendfacht im letzten Jahr.

    Hat mich gefreut deine Aktuelle Sachlichkeit zu lesen.

  2. Hallo Xyls Schund,
    was für ein Name…;-)

    1) Es irritiert mich immer wieder, wenn ich hier auf die Website komme und unter “Neueste Kommentare” lese: “Xyls_Schund bei Gradido” oder “Xyls_Schund bei Da sind Worte in mir”.
    2) Nun aber zur Beantwortung deiner verschiedenen Anmerkungen.
    Dieses Gedicht ist aus einer Laune innerhalb 3 Stunden entstanden. Grund war eine durch Vorkommnisse entstandene besondere Stimmung, in der ich mich befand.

    “Gehe ich raus, fühle ich mich einsam.
    Die schweigende Stadt was Bedrückendes hat,
    vorbei die Zeit für’s Gefühl „Gemeinsam“…
    Gemeinsamkeit gekürzt vom Autokrat.”

    Wie du schon vermutet hast habe ich den Autokraten verschliffen in “Autokrat”, da es sich auf “Bedrückendes hat” reimen sollte. Mir gefiel es nicht, dass die Melodie der Zeilen an dieser Stelle mit dem Verwenden des Wortes “Autokraten” gestört war.
    Wer mit Autokraten in meinem Gedicht gemeint ist? Selbstverständlich die Obrigkeit, die in diesen Zeiten schwer nachvollziehbare Entscheidungen und Erlasse einführt. Mir ist bewusst, dass Mutter Natur den Politikern eine schwere Last aufgebürdet hat. Einige sinnvolle Maßnahmen sind durchaus berechtigt. Ich bin keine Verweigerin und halte mich an die Vorgaben. Jedoch kann ich verschiedene Vorschriften nicht nachvollziehen, die “am grünen Tisch” entstehen und in Windeseile dem Bürger auferlegt werden. Diverse Erfahrungen im täglichen Umgang mit Asthmatikern, Arztpraxen, Notfällen, Todesfälle und Krankenhaus erinnern mich an Schildbürger und Schilda im Reich Utopia. Wenn es nicht so traurig wäre….Ich weiß nicht, wieviel Menschen durch die Unfähigkeit der Politiker ihr Leben lassen mussten und noch lassen müssen. Keine Statistik listet sowas auf und niemand wird bestraft. Ich fühle mich so eingesperrt, hilflos und machtlos. Aber das ist ein anderes Thema.

    3) Zu deinen übrigen Veröffentlichungen werde ich später noch schreiben. Zum “schreibgestöber” finde ich momentan noch keinen Zugang. Das werde ich mir wohl noch ein paar Mal durchlesen müssen. Ich finde, es ist schwer zu lesen. Auch auf die übrigen Geschichten werde ich noch später eingehen.
    Bleibt alle gesund! Eure Skribifaxi Gabi

    1. Zum reimgezwängten Autokrat(en):
      Was wäre eleganter? Sprich: Was stört den Lesefluss weniger? Das Fehlen einer grammatikalisch erwartete Endung, welche dem Reimzwang geopfert wird, oder das Fehlen eines Reims, der aus Lesegewohnheit der Textsorte “Gedicht” erwartet wird, und der Grammatik geopfert wird. Frag ich mich selber beim Schreiben oft. Mittlerweile habe ich mich dazu entschlossen dann die Satzstellung zu variieren, vielleicht sogar auf Satzstruktur und Vollverben zu verzichten.

      Ich würde mich dafür entscheiden in solchen Fällen Metrum und Grammatik aus Ästhetikgründen das Vorrecht zu geben. Reim durchzuhalten ist halt auch eine ästhetische Entscheidung: Reimschemata schaffen subtile Querverweise durch die Literaturgeschichte, die man zur Lenkung der Lesarten nutzen kann.

      Was das alles für die konkrete Textstelle in deinen Knitteln bedeutet? Kann ich gerade nicht sagen. Ich habe gerade auch eine Vorleseweise ausprobiert, welche die Endung -en nicht verschleift, sondern mit Pause absetzt (um den Reim wirken zu lassen). Meines Erachtens darf der Reim auch unrein bleiben. Er wird dadurch nicht un-reim.

  3. Zu deinem Punkt 1.
    Ja, der Name “Xyls Schund” ist schon ein kleiner Irritator. Und vollkommen bewusst so. Er betitelt eine fiktive Satirezeitung in einer fiktiven Stadt angelehnt an ein religiöses Heiligtum (Xyls Schlund -> Schlund des Gottes Xyls) innerhalb der Fiktion. Xyl ist ein kontinental anerkannte Heiligkeit und Xyls Schund einfach ne freche, kleine, blasphemische Zeitung, die es in sich hat. Kleine Macke von nem Fantasy-Autor *schmunzel*

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