Gefahr

Die Luft ist schneidend kalt. Das Thermometer zeigte am Morgen –15 Grad. Am fahlen Himmel steht tief die Mittagssonne. Ich begrüße die Pferde. Ihre Leiber dampfen, an den Nüstern hängen kleine Wassertropfen.
Ich hole meine Stute, sie begrüßt mich, tänzelt aufgeregt um mich herum. Schnell das Fell geputzt, Sattel aufgelegt, Trense ins Maul gedrückt. Ihre Schritte wirken so nervös wie meine. Die Zeit war zu lang gewesen, die Bewegung fehlte.
Ich sitze auf, der Weg liegt vor mir, schneeweiß überzogen die Landschaft, Äcker scheinbar ohne Begrenzung. Der Schritt ist wieder ruhig, Hufe bewegen sich knirschend voran.
Da plötzlich! Ein Tier bewegt sich, springt auf und davon, in langen Sätzen – ein Kaninchen. Wir erschrecken uns beide, ich umklammere mit den Beine ihre Flanken. Sie reagiert nach einem jahrtausende altem Muster: Flucht. Ihr Körper scheint zu explodieren, sie wird immer schneller. Der Wind zerrt im Haar. Tränen schießen mir in die Augen. Mein Atem stockt, alles um mich herum rauscht konturenlos an mir vorbei. Ich höre einen lauten Schrei, es ist meine eigene Stimme. Das Geräusch macht ihr Angst. Ich zerre mit den Zügeln an ihrem Maul. Sie hat Schmerzen, rennt weiter, Todesfurcht. Nur eine Gedanke beherrscht mein Hirn: Absprung!
Meine Hände lassen von den Zügeln ab. Die Knie lösen sich von ihrem Körper. Das Unerwartete geschieht. Sie wird langsamer, von alleine. Ich erkenne in der Landschaft die einzelnen Bäume wieder.
Sie bleibt stehen. Ich springe herab, mir zittern die Beine. Meine Stimme ist zu hören, über das ganze Feld. Voller Wut und Angst schreie ich sie an. Sie blickt beiseite.
Ich werde still und steige auf und reite zurück.

8 Antworten auf „Gefahr“

    1. Danke für das Feedback! Das war einer meiner älteren Texte. Jetzt würde ich ihn wahrscheinlich nicht mehr so schreiben, aber ich finde ihn immer noch gut. Auch, weil alles genau so passiert ist.

      1. hallo WritingCat, mir gefällt es auch gut. Schön, dass ich euch kennenlernen durfte und ihr seid alle für mich eine Bereicherung. Ich wünsche ein schönes Weihnachtsfest trotz allem. Bleibt gesund und munter und passt weiterhin gut auf euch auf. Liebe Grüße Gabi

  1. Eine packende Schilderung.

    In meiner Jugend hatte ich ein ähnliches Erlebnis und habe es immer auf meine fehlende Reitkunst geschoben. Richtig gelernt habe ich es trotzdem nie.

    Gespannt bin ich schon auf die nächsten Geschichten.

    Ich werde in den nächsten Tagen versuchen, die versprochenen Eigenschaften
    (Zugriffsbegrenzungen und Anonymisierung) zu liefern.
    Wenn von euch jemand Erfahrung mit WordPress hat und weiss, wie das geht wäre das schön. Wir sind für jede Hilfe dankbar!

    Gruß – Dirk

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